In meinem letzten Beitrag habe ich darüber geschrieben, wie wichtig es ist, in jedem Bild einen klaren Hauptdarsteller zu finden. Gerade in der Landschaftsfotografie fällt mir das oft schwer. Die Weite, die vielen kleinen Details – es ist gar nicht so einfach, ein Element zu finden, das heraussticht, das die Geschichte trägt.
Hätte ich doch nur ein Kapitel weitergelesen in meinem Fotografie-Buch, bevor ich mich wieder mit Kamera und viel Motivation auf den Weg gemacht habe. Denn genau um dieses Thema – den Blick, den Fokus und das bewusste Sehen – ging es im nächsten Abschnitt. Und obwohl es kein Thema ist, das sich leicht in einem einzigen Bild erklären lässt, möchte ich ein paar Gedanken dazu teilen.
Lernen, anders zu sehen
Das Buch gab mir ein paar spannende Denkanstöße. Es geht nicht nur darum, Motive zu erkennen, sondern wirklich sehen zu lernen. Den Blick zu weiten. Nicht im Sinne von „mehr aufs Bild bekommen“, sondern eher im Sinne von „mehr wahrnehmen“. Was ist das eigentlich – mein Hauptmotiv? Und aus welchem Winkel wirkt es am stärksten?
Diese Fragen haben mich heute begleitet, als ich unterwegs war. Und ich glaube, die Ergebnisse zeigen, dass ich Fortschritte mache. Jedes Bild, das ich heute mitgebracht habe, hat einen klaren Hauptdarsteller – zumindest aus meiner Sicht. Und gleichzeitig gelingt es mir langsam, diesen Protagonisten so in Szene zu setzen, dass die Landschaft drumherum nicht verblasst, sondern als Bühne dient.

Neue Umgebung, neue Chancen
Während ich gestern noch im Porträt-Modus unterwegs war, zog es mich heute in eine andere Richtung – im wahrsten Sinne des Wortes. Statt in die mir vertrauten Weinberge, in denen ich mich fotografisch oft etwas verloren fühle, entschied ich mich diesmal für eine offenere Landschaft: abgeerntete Felder, weite Blicke, Pflanzen, deren Namen ich nicht kenne – aber genau das machte den Reiz aus. Es war diese Art von Unsicherheit, die mich dazu brachte, mit offeneren Augen unterwegs zu sein.
Ich hatte keinen konkreten Plan, nur die Kamera in der Hand und die Lust, etwas Neues zu probieren. Und wie so oft, wenn man loszieht ohne Erwartungen, entstehen besondere Momente. In meinem Fall: Rehe. Ganz plötzlich, mitten im Feld, bewegte sich etwas – und da standen sie. Nicht weit entfernt, aber auch nicht so nah, dass ich mir allzu viele Versuche hätte erlauben können. Herzklopfen. Kamera hoch, auslösen.
Es war das erste Mal, dass ich bewusst ein Tier vor der Kamera hatte – und dieser Moment hatte etwas Besonderes. Kein langer Aufbau, keine große Vorbereitung – einfach die Kamera in der Hand und die Szene, wie sie sich bot. Vielleicht war es gerade diese spontane Situation, die das Bild für mich so wertvoll macht. Echt, unverstellt, ruhig. Ich konnte den Moment festhalten, so wie er war – ohne viel drumherum. Und genau das fühlt sich richtig gut an.

Bildwirkung: Der Hauptdarsteller links?
Ein Punkt, der mich heute besonders beschäftigt hat, war eine eher technische, aber nicht minder spannende Aussage aus dem Buch: Bilder werden gelesen wie ein Text – von links nach rechts. Bedeutet: Ein Bild wirkt anders, je nachdem, wo der Blick als erstes hängen bleibt.
Ich habe das ausprobiert – mit zwei Aufnahmen desselben Motivs, einmal links im Bild, einmal rechts. Das Ergebnis hat mich überrascht: Der Blick bleibt tatsächlich länger auf dem links positionierten Hochsitz hängen. Beim rechten gleitet man förmlich über das Bild, bis man ganz am Rand schließlich das Motiv entdeckt. Es lohnt sich also, bewusst mit der Positionierung zu spielen.


Aber: Leicht ist das nicht. Manchmal passt der Bildaufbau einfach nicht, oder das Motiv lässt sich nicht verschieben. Ich werde weiter experimentieren – aber der Gedanke ist angekommen.

Fazit: Kleine Erkenntnisse, große Wirkung
Jede Tour bringt neue Einsichten – das macht für mich den Reiz der Fotografie aus. Heute habe ich nicht nur Rehe fotografiert oder abgeerntete Felder festgehalten. Ich habe gelernt, wie stark die Bildwirkung vom Standpunkt des Betrachters – und des Fotografen – abhängt. Und wie wichtig es ist, den Blick nicht nur schweifen zu lassen, sondern gezielt zu lenken.
Alle Bilder meiner heutigen Tour habe ich übrigens in der Galerie hochgeladen – klickt euch gern durch. Vielleicht entdeckt ihr ja den einen oder anderen Hauptdarsteller, den ich gesehen habe. 😄
